Donnerstag, 10. Januar 2013

Im Namen des Herrn in der Kleinstgastronomie

Unter den Wahnsinnigen der hiesigen Musikszene
unbestritten die Wahnsinnigsten (v.l.):
Thomas Kniesel, unbekannte Grünspan-Lady,
Franz Starzinski und Ludger Kniesel.


(Foto (c): Die 3 Nikoläuse)

Als sie vor ziemlich genau 20 Jahren zum ersten Mal in der münsterschen Fußgängerzone ihre Gitarren, Kostüme und das Stehschlagzeug auspackten, war das Staunen groß. Ein Quartett (!), das sich 'Die 3 Nikoläuse' nennt und in roten Roben und mit weißen Rauschebärten vor Kaufläden ungefragt zu musizieren beginnt. Das hatte die Welt noch nicht gesehen. Münster übrigens auch nicht. Seither bespaßen die Nikoläuse, die seit dem Ausstieg des vierten Mannes nun wirklich zu dritt auf die Bühnen klettern, Stadtfeste, Grünflächen, Binnenseen und eigentlich alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Am Samstag feiert die legendäre Weihnachtsrevue der „unter den Wahnsinnigen der hiesigen Kulturszene (..) unbestritten Wahnsinnigsten" (lokale Presse) im Clubheim von BW Aasee Premiere - ehe sie dann, wie jedes Jahr, am 23. Dezember auch wieder im Gassi, Alter Steinweg, zu sehen sein wird. 

Thomas Ottensmann sprach mit Ludger „Carlos“ Kniesel, dem heimlichen Kopf und – neben seinem Bruder Thomas Kniesel sowie Sänger und Texter Franz Starzinski - Gründungsmitglied und Leadgitarrist der 3 Nikoläuse über Kleinstgastronomie, Protestsongs und Gemüse. 

Ihr spielt seit gefühlten 30 Jahren auf jeder Katzenkirmes. Vor Horten, am Aasee, auf der Promenade, in Pfarrheimen und in Bierstuben. Fast hat man das Gefühl, ihr wäret im Namen des Herrn unterwegs. Ist das so? 

Ludger Kniesel: Ja! Wir haben in seinem Namen auch schon bei Firmungen, Hochzeiten und selbst auf Beerdigungen musiziert. Und als wir vor Jahren auf einer Husch-Party vom Moderator als ehemalige Ministranten angekündigt wurden, waren alle ganz andächtig. Es gibt doch nur einen Nikolaus! Die drei Nikoläuse waren früher ja mal vier. Dabei gibt es – wie jedes Kind weiß - nur einen - und der war sogar ein echter Bischof und trug kein Coca-Cola-Kostüm. 

Hat euer Name in der Bischofstadt Münster schon mal für Ärger gesorgt? 

Ludger Kniesel: Oh ja, lange her. Muss 1992 gewesen sein. Da kam ein Mann im dunkelgrünen Lodenmantel, als wir vor Horten (jetzt: Kaufhof, Anm. d. Red.) spielten und war empört. „Unerhört“, rief er, als wir unser letztes Lied beendet hatten. "Was Sie hier machen ist eine Pervertierung des Nikolaus'!" Der kleine Junge an seiner Hand wusste nicht genau, ob er lachen oder weinen sollte, als ich ihn über meinen zerzausten weißen Bart hinweg freundlich anlächelte. Zu erbost war sein männlicher Begleiter. "Sie können hier nicht zweimal als Nikolaus herumlaufen, es gibt doch nur einen!" Frank (Starzinski, der Sänger und Texter, Anm. d. Red.) und ich schauten uns verdutzt an, während der Mann mit dem Kind grußlos in der Menge der Weihnachtseinkäufer verschwand. Wir mussten lachen und erzählten Christian (Heidbrink, der 2008 ausgestiegene, weil nach Braunschweig migirierte vierte Nikolaus, Anm. d. Red.), der etwas weiter weg seine Gitarre einpackte, von der Begegnung. 

Ihr steht für sozialkritische Texte (Rettet das Stadtbad Süd, Kulturbeutel), mehrstimmigen Chorgesang, Musizieren auf selbst gekauften Instrumenten und Massenandrang in der Kleinstgastronomie (Grille, Gassi). Viele meinen, ihr könntet, nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen, gar nicht mehr in kleinen Clubs spielen. Wann kommt die erste Stadiontour? 

Ludger Kniesel: Wenn die Stadien wieder leer und grundgereinigt sind. Also wenn Jimmy Breuer mit seiner Stadiontour fertig ist. Man sieht es unter anderem an der immens aufwendigen Bühnen- und Lightshow und den immer teureren Kostümen.

Ihr seid bekanntlich längst aus dem Gröbsten raus, seid durch eure Musik reich und berühmt geworden. Seid ihr satt? 

Ludger Kniesel: Es stimmt, wir haben in den ganzen Jahren, besonders zu Beginn, sehr viel Aufwand betrieben. Da ist es natürlich schön, dass du dich heute mal zurücklehnen kannst und dass es immer jemanden gibt, der dich fährt und die Sachen hinter Dir wegräumt. Aber das allein macht uns nicht wirklich glücklich. Und wenn U2, die Stones und Klaus & Klaus vielleicht satt sein mögen - das kennen wir nicht. Entweder wir haben Hunger oder uns ist schlecht. 

Gemüse, Zeltstangen und andere Überraschungen 

Jetzt, pünktlich zu Eurem Namenstag und dem 20. Band-Geburtstag, kommt die x-te Weihnachtsrevue. Worauf darf sich die Fangemeinde freuen? Kommt wieder Gemüse zum Einsatz? 

Ludger Kniesel: Die 3 Nikoläuse gibt es in diesem Dezember (2011, Anm. d. Red.) wirklich genau 20 Jahre. Vielen Dank für die Glückwünsche! Es gibt bei unserer Weihnachtsrevue - das ist neu - die alten Lieder in neuer Reihenfolge. Und - das ist wie immer - diverse Überraschungen. Gemüse ist auch dabei, vielleicht sogar junges. Und Zeltstangen. Und (überlegt)… mehr wird nicht verraten. 

Infos immer unter: die3nikolaeuse.de

Der Artikel erschien am 30.11.2011 in der gedruckten Ausgabe der Westfälischen Nachrichten (Münster). Und ist eventuell auch noch ein paar Tage online zu finden und zwar hier:

wn.de/Muenster/2011/12/Die-3-Nikolaeuse-feiern-20-jaehriges-Buehnenjubilaeum

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