Freitag, 30. Oktober 2009

Lütke Halloween

Zu meiner Zeit hieß das Lütke Fassenacht und wir Blagen zogen im Herbst durch die überschaubare Nachbarschaft und wir waren verkleidet. Ende Oktober. Und ich weiß noch - da muss ich so 6 oder 7 gewesen sein - dass mir das komisch und spannend und aufregend vorkam, zu einer Zeit, wo gar kein Karneval sein konnte (denn das kam - ganz klar - nach Weihnachten und nicht kurz vorher!), verkleidet durch die Gegend zu laufen und Erwachsene um Süßigkeiten zu erpressen.

Foto: Katrin Weyermann Bötschi, pixelio.de

Wir sagten allerdings nicht "Trick or Treat" (das eine war damals für uns der Neffe von Donald Duck und das andere kannten wir gar nicht), sondern wir sangen (ja, ist mir heute selbst peinlich) an der Haustür. Ging so ähnlich wie "Lütke, Lütke Fassenacht, wir ham gehört, Ihr habt geschlacht..." - weiter weiß ich nicht mehr. Nur noch, dass so manche alte Frau aus der Kriegsgeneration das Lied sehr ernst und leider wörtlich nahm.

Und uns, weil sie gar keine Schokolade oder Spekulatius oder irgendwas Süßes im Haus hatte, Wurst gab. Eine hat mir mal auf meinen Spieß (wir hatten damals so Holzspieße, die wir vorgereckt haben, wenn wir zu Ende gesungen hatten und da wurden dann Würste draufgesteckt oder drumgelegt) ein Viertel Pfund grobe Leberwurst im Naturdarm gespießt. Das fand ich eklig. Und habe geheult (vor Wut und vor Verzweiflung, weil ich nicht wusste, wie ich den Spieß jetzt bis zu nächsten Haustür wieder sauber kriegen konnte) - und weil das so fies stank.

Das erklärt ja wohl so einiges am heutigen Weltspartag! Unter anderem mein gestörtes Verhältnis zu Leberwurst im allgemeinen und zur groben insbesondere. Aber auch diese komische Distanziertheit, wenn die Blagen heute zwar Halloween kennen, und wie selbstverständlich auch "Trick or Treat" sagen, aber nicht mehr Lütke Fassenacht. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich das auch vergessen, bis gerade. Aber was ein studierter Volkskundler ist, der kann sich ja auch mal konstruktiv an sogenannte Heischegänge erinnern.
Schön, wenn er da nicht allein ist: Im Netz findet sich recht viel zu diesem Thema.

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