Sonntag, 10. Januar 2010

Liebeslied

Also mir geht es ja zumeist so, dass ich die englische Sprache zwar leidlich gut beherrsche - ähem, nun gut, sagen wir mal, ab und zu anwenden und - wenn ich sie lese - auch zumeist einigermaßen sinnhaft verstehen kann. Aber wenn ich sie in Popsongs wahrnehme, dann ist die englisch singende Stimme für mich nur ein weiteres Instrument, das sich mehr oder minder harmonisch in das Gesamtwerk einfügt. Geht mir übrigens auch bei deutschen Songs manchmal so.

Bei Menschen, die es nicht ganz so genau mit der Aussprache nehmen oder undeutlich sprechsingnuscheln. Da muss ich jetzt nicht bis zu Jan Delay gehen, da reicht schon Grönemeyer oder Lindenberg. Ich weiß wirklich nicht immer ganz genau, was der da eigentlich singt. Was mir im Deutschen aber zumeist spielend gelingt, ist mir im Englischen nahezu immer unmöglich: Beim Hören eines Popsongs zu erkennen, ob es sich beim Text um ein positives oder negatives Erlebnis handelt. Ob es ein Lied ist, das von, sagen wir mal, glücklicher oder unglücklicher Verliebtheit handelt.

Eines dieser ganz großen Missverständnisse ist für mich jahrelang die Jahrhundert-Ballade "One" von U2 gewesen. Ich hatte dieses wunderschöne Lied immer für ein traumhaft schönes Liebeslied gehalten. Wo es um Durchhalten, sich gegenseitig (unter)stützen und des-anderen-Last-tragen geht. Aber da waren mir im Gedränge wohl einige Details entgangen. Nicht sehr lange zwar, nur schätzungsweise 20 Jahre. Verstanden habe ich den Text erst, als ich las, dass Johnny Cash sich bei seiner Cover-Version sehr schwer mit diesem Text tat, weil er "so hart" sei.Dann habe ich ihn mal genau gelesen und war, ja, sagen wir es ruhig, gleichermaßen geschockt und enttäuscht. "One" ist eine bittere Abrechnung mit einer gescheiterten Liebesbeziehung. Nix Romantik, blanke Enttäuschung!

Aber es geht hier und heute ja gar nicht um U2, sondern um die britische Kollegin Sharleen Spiteri, die mit Texas einige der womöglich schönsten Popsongs der 90er Jahre geschrieben und instrumentiert hat. Einer meiner All-Time-Favourites und für mich sogar der nahezu perfekte Popsong ist "Say What You Want". Da bin ich immer davon ausgegangen, dass er sie verlassen hat. Und dass er sagen kann, was er will, aber dass das seinen Gefühlen für ihn nichts anhaben können wird. Und hier und heute stelle ich - nachdem ich das Stück bestimmt hunderte Male gehört und auf Parties gespielt habe - fest, es ist genau umgekehrt. Sie hat ihm den Stuhl vor die Tür gesetzt. Das Leben und die Liebe sind halt Geschwister - und manchmal leider nichts als ein großes Missverständnis.


Keine Kommentare: