Sonntag, 14. Februar 2010

Bochumer Jungs

"Zum VfL zu gehen ist, wie wenn Dich jeden Samstag Deine Frau verlässt" hat mal ein kluger Fußball-Kopp namens Christoph Biermann gesagt. Und tatsächlich: Wer ins Ruhrstadion geht, erwartet nicht viel. Und geht eigentlich davon aus, dass auch an diesem Samstag nicht gewonnen wird. Und hofft insgeheim, dass der VfL wenigstens nicht verliert. Und wenn, dann hoffentlich nicht zu hoch. Oder wenigstens mal nicht allzu früh in Rückstand gerät. 

 
So jubeln die Bochumer, die Bochumer jubeln so.

(Fotto des Torschützen Stani Sestak (Mi.) mit Lewis Holtby (li.) und Slawo Freier (re.) von Imago (c) gefunden auf und verlinkt mit: mediadb.kicker.de/)

Habe mir das ja jetzt in dieser Säsong schon viermal angetan. Und es ist so ähnlich wie beim Anblick der recht verbauten Metropole zwischen Dortmund und Essen von einer der vielen Autobahnbrücken im Pott: Wer das schön findet, muss das wollen. Um mal mit Frank Goosen zu sprechen, dem Bochumer Jungen von der Alleestraße, der die Mentalität der Eingeborenen in vielen Büchern so nachvollziehbar wie trefflich umrissen hat. Und zum VfL zu gehen, der die katastrophalste Heimbilanz aller Bundesligisten hat, setzt schon ein gerüttelt Maß an Leidensfähigkeit voraus. Das muss man eben auch wollen.

Wenn dann aber doch mal gewonnen wird - zudem im Rahmen einer kleinen, feinen Mini-Serie von fünf ungeschlagenen Spielen (davon drei zuhause gegen gar nicht mal so unansehnliche Gegner wie Schalke, Leverkusen und Hoffenheim) - dann ist im Ruhrstadion eben auch Party angesagt. Mein Tribünennachbar meinte am Samstag, die würden nach dem ersehnten Heimsieg (2:1 gegen 1899) ja feiern, als wären sie Deutscher Meister geworden. 

Ja, tatsächlich: Es wurde ausgelassen gejubelt und groß gefeiert, denn der Klassenerhalt scheint machbar und ist in recht erreichbare Nähe gerückt. Und das nicht am 33., sondern am 22.Spieltag. "So gehen die Bochumer, die Bochumer gehen so", skandierte der gesamte Block O, wo die blau-weiße Wand immer steht. Und plötzlich waren wieder alle "Bochumer Jungs". Auch die Mädels. All die Nöler, Meckerer, Besserwisser, Grantler und Schwarzseher. Und tanzten durch das sich langsamer als üblich leerende Betonkästchen. 

Hassliebe ist das falsche Wort. Enttäuschte Liebe trifft diese Beziehung zwischen Fans und VfL wohl eher. Und was soll es auch anderes sein, wenn Dich jeden Samstag Deine Frau verlässt? 

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