Mittwoch, 3. Juni 2009

Seifenblase aus Salzsäure

Ja, der menschliche Körper ist schon ein ganz besonderes Wunderwerk. Das merkt man zwar nicht jeden Tag, weil atmen, verdauen, denken und sprechen ja so unbewusst ablaufen. Manchmal, aber nur manchmal gibt es aber diese Situationen, in denen man seinen Körper zwar nicht ständig bewusst beobachtet, aber trotzdem ganz bei sich ist und zwar ausschließlich bei sich selbst und bei sonst niemandem.

Und in diesen Ausnahmesituationen passieren erstaunliche Dinge. Ist ja schon schwierig genug, sagen wir mal, zwei Gefühle gleichzeitig in sich zu tragen, nehmen wir mal Wut und Liebe. Kann anstrengend sein. Wenn sich die Zahl der Gefühle, die man im selben Moment an derselben Stelle empfindet, aber
potenziert, wird es unübersichtlich.

Diese fragile Hülle aus einer ätzenden Gashülle ist zwar zum Bersten gefüllt, aber die Gefühle tummeln sich darin wie die Aale im Pferdekopf in der Blechtrommel. Ein ewiges Rein und Raus, ein Gewimmel, das den menschlichen Körper beizeiten sehr überfordert, weil er gar nicht mehr so genau weiß, wohin er denn jetzt fühlen soll und was genau er eigentlich tun soll.

Vor allem das Hirn kommt kaum nach, denn ein Gefühl gibt ja schließlich die Richtung für ein irgendwie geartetes Verhalten vor. Nehmen wir mal Angst. Die Signale funken: "Flucht!", "Hau ab!". Oder: "Kämpfen!", "Schwieriger Gegner!", "Hat aber Schwachstellen!". Dumm, wenn sich dann aber zeitgleich auch noch so etwas "Unordentliches" wie Liebe breitmacht. Die Synapsen sprühen Funken und signalisieren dem Hirn: "Toll!", "Wunderbar!" "Hach, wie schön!".
Na, toll.

Was passiert aber, wenn sich auf Dauer viel, viel mehr Gefühle Bahn brechen? Kapitulation? Nervenheilanstalt? Kurklinik? Isolationshaft? Einzelzelle? Anbei eine kleine (mit Sicherheit unvollständige) Liste der Gefühle in der Seifenblase aus Salzsäure, die sich zwei Finger breit über dem Bauchnabel eingenistet haben:

Erleichterung, Wut, Trauer, Angst, Liebe, Nähe, Melancholie, Lebensfreude, Nächstenliebe, Depression, Lust, Agression, Frustration, Ärger, Glücklichsein, Empathie, Hass, Ehrgeiz, Stolz, Würde, Mut, Demut, Dankbarkeit, Freiheitsdrang, Langeweile, Freude, Spaß, Unbeschwertheit, Stumpfsinn, Hunger, Durst, Trägheit, Energie, Zweifel, Fröhlichkeit, Panik, Zuversicht, Geborgenheit, Misstrauen, Vertrauen, Hoffnung, Resignation, Groll, Gereiztheit, Harmonie, Versöhnlichkeit, Beseeltsein, Nervosität, Müdigkeit,
Gier, Geselligkeit, Frische, Verzweiflung, Verwirrtheit, Klarheit, Sicherheit, Unsicherheit, Lasterhaftigkeit, Abhängigkeit, Unabhängigkeit, Selbständigkeit, Unselbständigkeit, Furcht, Gelassenheit, Ausgelassenheit, Eifersucht, Verständnis... (wird fortgesetzt).

(Foto gefunden auf: www.sebastianschmitt.de
)

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