"Ich war auf dem Nachhauseweg von meiner Arbeit in einer kleinen Sport-Redaktion am Biggesee und stand auf der A1 kurz vor
Ascheberg mit meinem Käfer-Cabrio im Stau. Es ging nichts mehr. Die Autos standen, einige vor mir hatten schon den Motor ausgemacht, andere waren ausgestiegen und rauchten. Die Autobahn war offensichtlich gesperrt, da war was Schlimmeres passiert (wie sich im Nachhinein herausstellte, war ein Tanklastzug mit hochexplosivem Gemisch umgekippt - hätten das die Raucher mal früher gewusst...).
Ich kam also nicht vom Fleck. Dabei hatte ich es eilig: Ein Kommilitone hatte - wie immer am 9. November - Geburtstag, den er wie immer feierte. Anrufen konnte ich schlecht - es gab noch keine Handys. Also war Warten angesagt. Ich hörte zur Abwechslung mal Radio statt Cassette (CD-Player im Auto gab es zwar schon, aber die waren unerschwinglich) und hörte dann die Nachricht, die
niemand glauben konnte: Die Mauer ist offen!
Nun stiegen noch mehr Menschen aus und trugen diese Nachricht durch den Lindwurm des Ausharrens. Manche schüttelten den Kopf, andere waren in Gedanken versunken, einige lachten und freuten sich ganz offensichtlich. Wäre Sekt (Prosecco war damals noch unbekannt) in irgendeinem Kofferraum gewesen, hätten wir bestimmt miteinander angestoßen.
Als ich nach zwei Stunden des untätigen Wartens dann endlich die letzten 20 Kilometer bis Münster zurücklegen konnte und auf der Party ankam, war da gar keine: Der Fernseher lief und alle saßen gebannt und verwundert vor diesen Bildern, die um die Welt gingen. Ein Tag für die Geschichtsbücher. Ein Tag, der auch in meinem Gedächtnis unlöschbar ist."
(Thomas Ottensmann war am 9. November 1989 zarte 25 Jahre alt, studierte in Münster im 7. Semester Publizistik und arbeitete während eines Urlaubssemesters als Sport-Redakteur bei der Westfälischen Rundschau in Olpe.)
(Foto gefunden auf und verlinkt mit:beetle-factory.com/) |
Ich kam also nicht vom Fleck. Dabei hatte ich es eilig: Ein Kommilitone hatte - wie immer am 9. November - Geburtstag, den er wie immer feierte. Anrufen konnte ich schlecht - es gab noch keine Handys. Also war Warten angesagt. Ich hörte zur Abwechslung mal Radio statt Cassette (CD-Player im Auto gab es zwar schon, aber die waren unerschwinglich) und hörte dann die Nachricht, die
(Foto gefunden auf und verlinkt mit:stuttgarter-zeitung.de/) |
Nun stiegen noch mehr Menschen aus und trugen diese Nachricht durch den Lindwurm des Ausharrens. Manche schüttelten den Kopf, andere waren in Gedanken versunken, einige lachten und freuten sich ganz offensichtlich. Wäre Sekt (Prosecco war damals noch unbekannt) in irgendeinem Kofferraum gewesen, hätten wir bestimmt miteinander angestoßen.
Als ich nach zwei Stunden des untätigen Wartens dann endlich die letzten 20 Kilometer bis Münster zurücklegen konnte und auf der Party ankam, war da gar keine: Der Fernseher lief und alle saßen gebannt und verwundert vor diesen Bildern, die um die Welt gingen. Ein Tag für die Geschichtsbücher. Ein Tag, der auch in meinem Gedächtnis unlöschbar ist."
(Thomas Ottensmann war am 9. November 1989 zarte 25 Jahre alt, studierte in Münster im 7. Semester Publizistik und arbeitete während eines Urlaubssemesters als Sport-Redakteur bei der Westfälischen Rundschau in Olpe.)
2 Kommentare:
Ich saß im Flieger nach Los Angeles, um am nächsten Tag weiter nach Las Vegas zur Comdex zu fliegen. Als ich tief in der Nacht (nach deutscher Zeit) im Flughafenhotel ankam und den Fenseher einschaltete, sah ich bei CNN lauter Leute auf einer Mauer sitzen. Es hat einige Minuten gedauert, bis ich begriff, dass das die Berliner Mauer war, dass es kein Spielfilm war und dass es eine Live-Übertragung war.
In den nächsten Tagen bin ich dann auf der Comdex ständig deswegen angesprochen worden (ja, Deutschland besteht aus zwei Staaten; nein, ich komme nicht aus Ostdeutschland).
Sehr schöne Geschichte. Das muss am 11. September ähnlich gewesen sein, als US-Amerikaner in Europa die Bilder sahen und an Roland Emmerich dachten, aber nicht an die Katastrophe.
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