Freitag, 12. März 2010

Efcharisto

Also mir persönlich wird ja eigentlich jeden Tag wieder auf's Neue bewusst, wie wichtig es im Leben ist, Vorbilder zu haben. Menschen, die scheinbar intuitiv wissen, welches Verhalten zu welchem Zeitpunkt die einzig vernünftige Handlung darstellt. Das kann eine bestimmte Reaktion auf den herrschenden Zustand genauso sein wie eine Aktion aus eigenem Antrieb - also irgendwie so mea sponte, wie wir Voll-Akademiker mit großem Asterix-Latinum abends beim Glas Rotwein vor dem Kamin gerne zu sagen pflegen. Und ohne Vorbilder keine Charakterbildung.

Denken wir uns mal die Zwiebeln weg, recht appetitlich: Gyros Pita.
(Foto von pixelio.de: Kunstart.net/)

Zu ganz großen Vorbildern, ja fast schon zu Ikonen der Zeitgeschichte, werden dabei solche Menschen, die aus gleichsam ausweg- wie hoffnungslosen Zwickmühlen höchst kreativ und bedingungslos mutig den Lösungsweg finden - zumeist mit verbundenen Augen und auf den Rücken gefesselten Händen. Zu den modernen Houdinis gehören für mich zur Zeit ohne Zweifel die Griechen. Der Staat ist pleite und verhängt extrem kreative Sparmaßnahmen, die mal wieder die am meisten treffen, die ohnehin am wenigsten haben: Rentner, Arbeitnehmer, Studenten und die sozial Schwachen aus, ja sagen wir wie's ist, dem Prekariat ganz unten. 

Man muss für den Staat, der als Nachfolger der Erfinder von Demokratie, Philosophie und Gyros komplett (auch mit scharfer Soße) sein Bestes gibt, an dieser Stelle einfach mal ne Lanze brechen. Er kann ja auch nix dafür, dass der Plebs deutlich in der Überzahl ist und so einfach mehr zu holen ist. Würde er an der Spitze der Pyramide mit dem Klingelbeutel rumgehen, käme ja kaum was zusammen. Zumal das Festgeld der oberen Zehntausend ohnehin im Ausland zu Höchstsätzen langfristig angelegt ist. Und wenn diese Eckpfeiler der Gesellschaft viele wären, hießen sie ja auch die oberen Zehnmillionen. Also wird das gemeine Volk geknechtet, drangsaliert und geschröpft, wie es im modernen Staatswesen gute Tradition ist.

Schön finde ich in diesem Fall aber, dass der gemeine Südeuropäer sich solcherlei Staatsrepression selten gefallen lässt. Zumindest nicht ohne heftige Gegenwehr. Der Franzose steckt in den Vorstädten traditionell Autos an, der Italiener wirft ab und an schon mal kleine Kirchen auf Präsidenten und der Grieche geht einfach nicht mehr hin. Unsereins denkt: der Staat ist pleite, also muss man arbeiten, bis der Arzt kommt. Der Grieche streikt. 

Aber nicht so wie wir Deutsche, sondern der Grieche streikt richtig. Beamte, Angestellte, Rentner und Arbeitslose gingen auf die Straße, schreiben die Nachrichtenagenturen. Hört sich normal an. Aber in Griechenland streiken Lehrer, Polizisten, Straßenarbeiter, Müllmänner, Bauarbeiter, Banker, Krankenschwestern, Hochschuldozenten, Ärzte und Studenten. Da geht also gerade an einigen Stellen wirklich gar nichts mehr. Es werden Molotow-Cocktails geworfen, Steine geschleudert und laut vernehmlich der Kopf des Präsidenten gefordert. Alle Räder stehen richtig still. Kein Sirtaki, kein Souflaki - Akropolis adieu. So geht Streik heute, würden Werbe-Agenturen texten. Ich sag doch: Ohne Vorbilder keine Charakterbildung.

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